Was macht Frauenkörper so besonders, warum wurden sie so lange von Forschung und Wissenschaft vernachlässigt und welche Folgen hat das? Ein Gespräch mit US-Autorin Cat Bohannon.
Lange Zeit ging man davon aus, dass weibliche Körper einfach männliche Körper mit ein paar Extras sind. Woher kommt diese Vorstellung?
Philosophisch gesehen kam sie von der Idee des Platonischen Ideals der Menschheit, das der Mann war. Der weibliche Körper wurde als eine schlechtere Version der vollkommeneren männlichen Form betrachtet. Im 20. Jahrhundert dachte außer den schlimmsten SexistInnen niemand mehr so, aber in der biologischen Forschung hielt sich die Idee von einem eingeschlechtlichen Körpertyp mit geringen Abweichungen. Man dachte also, es würde nichts ausmachen, weibliche Ratten, Kaninchen, Affen oder Menschen aus wissenschaftlichen Studien auszuschließen. Ein unglaublicher Irrtum! Denn geschlechtsspezifische Unterschiede scheinen fast jedes Merkmal unseres Körpers zu durchdringen. Manche davon sind erheblich, andere geringfügig, aber wir werden erst herausfinden, wo und wann sie wirklich von Bedeutung sind, wenn wir mehr unterschiedliche ProbandInnen untersuchen. Seien es Ratten im Labor oder Menschen in der Forschung.
Trotzdem stützen sich klinische Studien bis heute häufig auf die „männliche Norm“ und schließen Frauen als Versuchspersonen aus. Warum hält sich das so hartnäckig?
Drei Gründe: Faulheit, schlechte Modelle von geschlechtsspezifischen Körpern und natürlich Sexismus. Aber meiner Meinung nach ist der dritte Grund ausnahmsweise der unwichtigste. Es liegt vielmehr daran, dass der weibliche Körper einen Östrus haben kann – beim Menschen ist das der Menstruationszyklus –, der für viele wissenschaftliche Studien ein großes Problem darstellt. Deshalb hat man lange darauf gesetzt, die „Unordnung“ im Datenmaterial zu kontrollieren, indem man Frauen als Versuchspersonen einfach ausschloss. Zusätzlich gab es die Sorge, Ungeborene könnten im Rahmen klinischer Versuche geschädigt werden – die alte Contergan-Angst –, sodass es lange Zeit verboten war, Frauen im gebärfähigen Alter einzubeziehen. Unglücklicherweise umfasst dieser Zeitraum aber den größten Teil des Lebens einer durchschnittlichen Frau! Diese Regeln wurden in den USA erst in den 1990er-Jahren geändert, aber noch immer machen Frauen nur etwa 20 Prozent der Testpersonen in klinischen Studien aus. Das muss sich ändern.