Frauenfußball sichtbar machen und Strukturen stärken: Das ist das Ziel des Projekts „Frauen- und Mädchenfußball im Salzkammergut“ und des Workshops „Basics im Fußballtraining“. Eine der Teilnehmerinnen ist Trainerin Tanja Scheureder vom FC Union Steinerkirchen (OÖ). Wie sie zum Fußball kam und warum Trainerinnen für junge Spielerinnen entscheidend sind, erzählt sie im Interview.
Frau Scheureder, waren Sie schon immer fußballbegeistert?
Ich bin eine völlige Quereinsteigerin. Ich hatte mit Fußball nichts am Hut, bis meine Kinder vor eineinhalb Jahren in Steinerkirchen angefangen haben, Fußball zu spielen. Eines ist mir dabei sofort aufgefallen: die große Mädchenmannschaft mit rund 20 Spielerinnen – und auf der anderen Seite nur ein Trainer, der die Rasselbande bändigen musste. Mir war schnell klar, dass hier weibliche Unterstützung hilfreich sein könnte, und ich bat sie dem Trainer auch an. Und dann ging alles ganz schnell, schon im Herbst letzten Jahres bin ich eingestiegen.
Wie haben Sie sich am Anfang, besonders mit den vielen Fußballregeln, zurechtgefunden? Wie wurden Sie im Verein aufgenommen?
Natürlich weiß ich noch nicht alles über Fußball. Auf der einen Seite habe ich mir vieles selbst beigebracht, auf der anderen Seite haben mir meine Trainerkollegen im Verein von Anfang an geholfen. Auch wenn ich anfangs Angst hatte, als Frau, die noch nie Fußball gespielt hatte, belächelt zu werden, bemerkte ich schnell, dass das Gegenteil der Fall ist. Sie freuen sich über jede Hilfe und unterstützen mich voll und ganz. So fand ich schnell in meine Rolle hinein.
„Kein Mädchen soll von seinem Lieblingssport abgehalten werden, weil es sich für Zyklus- oder Menstruationsthemen schämt.“
Waren auch der Umgang der Mädchen mit männlichen Trainern und Spielern oder Themen wie die bevorstehende Menstruation Faktoren, die Sie motiviert haben, als Trainerin einzusteigen?
Ja, natürlich. Meine Tochter ist 10 Jahre alt, dieses Jahr wird sie 11. In diesem Alter mit einem männlichen Trainer umziehen zu gehen, war für mich zum Beispiel nicht stimmig. Gleichzeitig kommen mit der Pubertät andere Themen auf, die die Mädchen einem männlichen Trainer vielleicht nicht erzählen und dann im schlimmsten Fall nicht mehr zum Training kommen. Das möchte ich verhindern. Sie sollen die gleichen Bedingungen haben wie die Burschen. Kein Mädchen soll von seinem Lieblingssport abgehalten werden, weil es sich für Zyklus- oder Menstruationsthemen schämt. Dafür braucht es weibliche Trainerinnen, jemanden, der die Thematik versteht. Schließlich verbringen wir bei zwei Trainings pro Woche viel Zeit miteinander.
Was sind Ihre Hauptaufgaben im Verein? Wie gestalten sich die Trainings?
Entweder trainieren wir alle Mädchen, die derzeit zwischen sechs und zwölf Jahre alt sind, gemeinsam oder nach Alter getrennt. Ab und zu übernehme ich die Kleineren, damit der Trainer mit den Größeren gezielter trainieren kann. Meine Hauptaufgabe ist es, den Kindern die Freude an der Bewegung im Freien, am Mannschaftssport und am Umgang mit dem Ball zu vermitteln. Dabei geht es noch nicht so sehr um die Technik, sondern um das gemeinsame Spiel.
Sind Ihnen seit Beginn Ihrer Arbeit im Verein Dinge aufgefallen, die im Mädchenfußball noch verbessert werden könnten?
Manchmal gibt es auf den Fußballplätzen nicht genügend Platz, um Mädchen und Burschen beim Umziehen zu trennen. Das müssen wir dann lösen, indem wir sie zum Beispiel etappenweise umziehen lassen. Aber ansonsten habe ich überwiegend positive Erfahrungen gemacht – auch der positive Zuspruch für die Mädchen ist da. Viele sind überrascht, wie stark sie schon nach kurzer Zeit sind.
„95 Prozent der Reaktionen sind positiv, nur etwa fünf Prozent negativ.“
Es gab also auch keine negativen Reaktionen von Trainern oder anderen Spielern?
Meistens nicht. Ich habe es schon erlebt, dass ein Trainer zu seinem Team gesagt hat: „Ihr werdet doch wohl nicht gegen die Mädchen verlieren!“ Solche Sprüche sind schade und wir reagieren auch auf derartige Aussagen. Denn das sind Kinder, und die spielen alle den gleichen Fußball und haben Spaß daran. Aber wie gesagt, 95 Prozent der Reaktionen sind positiv, nur etwa fünf Prozent negativ. Und bei uns im Verein läuft es super. Wir haben eine tolle Truppe. Jedes einzelne Mädchen ist super, jede bringt was anderes mit, und das ergibt eine tolle Mischung. Schön ist auch das große Vertrauen, das uns die Eltern entgegenbringen.
Sie sind eine von 14 Frauen, die an einem eintägigen Fußballkurs zum Thema „Basics im Fußballtraining“ teilgenommen haben, den der Oberösterreichische Fußballverband erstmals angeboten hat. Wie sind Sie darauf aufmerksam geworden?
Eines unserer Vorstandsmitglieder hat mir die Fortbildung zugeschickt. Fünf Minuten nachdem ich die Nachricht gelesen hatte, war meine Anmeldung raus. Ich hatte schon zuvor oft überlegt, ob ich die Ausbildung zur Jugendtrainerin machen soll. Aber das geht über mehrere Wochen, und das macht die Vereinbarkeit mit der Betreuung meiner eigenen Kinder und mit meinem Hauptjob schwierig. Der Workshop hat mich auch deshalb angesprochen, weil es ein eintägiger Kurs ist, bei dem ich den Verband, die Trainer und die Angebote kennenlernen kann. Besonders gespannt bin ich auf die Struktur der Ausbildung. Denn das Hintergrundwissen, das andere, die selbst gespielt haben, schon mitbringen, fehlt mir einfach noch.
Glauben Sie, dass es den Mädchen den Einstieg in den Fußball, der ja nach wie vor männlich dominiert ist, künftig erleichtert, wenn es mehr weibliche Trainerinnen gibt?
Ja, auf jeden Fall. Auch wenn es oft die Mädchen selbst sind, die den Anstoß geben. Eine fängt an, und dann kommen die Freundinnen dazu. Gerade in den letzten Jahren gab es bei uns einen richtigen Boom, nachdem wir jahrelang nur ein Mädchen hatten. Aber mit einer Frau als Trainerin wird der Einstieg sicher noch leichter.
Was möchten Sie persönlich im Verein erreichen?
Es ist wichtig, dass es nicht alle zwei bis drei Jahre zu einem Wechsel der TrainerInnen kommt. Deswegen möchte ich auf jeden Fall eine Konstante in unserem Verein sein.
Nähere Informationen
„Basics im Fußballtraining“ ist ein vom OÖ Fußballverband in Zusammenarbeit mit der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024 angebotener eintägiger Workshop, der sich speziell an Frauen richtet. In der Fortbildungsveranstaltung, die am 28. September in Obertraun stattgefunden hat, wurden unter anderem die Grundlagen der Trainingsorganisation, der methodische Aufbau sowie die wesentlichsten Inhalte und Coachingpunkte in Theorie und Praxis vermittelt.
Der OÖ Fußballverband hat zudem voriges Jahr den „Ladies Talk“ ins Leben gerufen, um Frauen in ihrem Engagement im Fußball im Fußball zu stärken, sie zu vernetzen und Interessierte zu motivieren, Posten als Funktionärinnen zu übernehmen. Unterstützt wird der Talk, der heuer am 18. Oktober in Gmunden stattfindet, neben dem Frauenreferat des Landes OÖ auch von „Welt der Frauen“.