Aktuelle
Ausgabe:
Wald
10/25

Glücksmomente: Drei kleine Herren

Glücksmomente: Drei kleine Herren
Foto: shutterstock
  • Teile mit:
  • Veröffentlicht: 20.10.2025
  • Drucken

Autorin Julia Kospach blickt dieses Mal auf ein besonderes Ferienerlebnis zurück: Soll keiner sagen, dass sie Kinderinitiativen nicht unterstützt!

Ich hörte sie die Stiege zu unserem Haus heraufkommen. Ihre hellen Kinderstimmen redeten durcheinander. Ich verstand nicht viel. Einmal fiel das Wort „Halloween“. Mitten im Spätsommer. Dann standen sie schon vorm Haus. Drei Mann hoch, also eigentlich: drei kleine Buben hoch. Junges Volksschulalter. Ich schaute in drei Paar freundliche Kinderaugen. Ich hatte sie noch nie gesehen. Mit ihren kurzen Hosen, der sonnengebräunten Haut und ihren unten achtlos hingeworfenen Rollern, mit denen sie – schon von Weitem sichtbar – eingetrudelt waren, wirkten sie so makellos sommerlich und unternehmungslustig, als wären sie für eine Kinder-TV-Serie gecastet worden.

Einer von ihnen hielt einen Blumenstrauß in der Hand. Eine Art Blumenstrauß. Er stammte offenkundig aus der Wiese nebenan und war mehr in einem Ruck herausgerissen als gepflückt worden. Unten hingen jede Menge Wurzeln daran.

Es hatte ihnen die Sprache verschlagen. „Griaß eich“, sagte ich aufmunternd volkstümlich, deutete auf den Strauß und fragte: „Ist der für mich?“ Sie nickten. „Wollt ihr ihn mir schenken oder verkaufen?“, forschte ich weiter, um es ihnen leicht zu machen. Sie tauschten vorsichtige Blicke aus. Dann antwortete einer von ihnen: „Beides.“ Ich lachte. Sie lächelten erleichtert. Ihr Plan ging auf. „Wie seid ihr denn auf die Idee gekommen?“, fragte ich. „Mein Bruder hat das schon einmal gemacht, und es hat super funktioniert“, teilte mir der Straußhalter, plötzlich eifrig geworden, mit.

Ich bat sie herein. Sie hatten schlagartig ihre Scheu abgelegt, stürmten auf meine Einladung hin in den ersten Stock hinauf und durch die Küche auf den Balkon. In verschiedene Richtungen deutend zeigten sie mir, woher aus der Nachbarschaft sie stammten. Die Sache blieb unklar.

Wir kamen zum Geschäft. „Möchtet ihr lieber einen Euro oder eine Trinkschokolade, die ich aus Italien mitgebracht habe?“ Sie überlegten, wenn auch nicht lange, entschieden sich allesamt für die Schokolade, nahmen jeder eine Packung entgegen, verabschiedeten sich und lärmten zufrieden die Stiegen zu ihren Rollern hinunter.

Soll keiner sagen, dass ich nicht jede Initiative unterstütze, die in jungen Menschen die Gewissheit reifen lässt, dass es sich lohnt, Blumen zu verschenken!

Post aus der Redaktion

Mit unserem Newsletter bekommen Sie regelmäßig Einblicke hinter die Kulissen, persönliche Empfehlungen und das Beste aus der Redaktion direkt in Ihr Postfach.

Jetzt abonnieren