Pater Bernhard Eckerstorfer (54), Abt des Stiftes Kremsmünster, hat fünf Jahre in Rom gelebt und war Rektor der päpstlichen Hochschule Sant’Anselmo. Was ihm von Papst Franziskus in Erinnerung bleiben wird.
Was waren Ihre ersten Gedanken, als Sie vom Tod des Papstes erfuhren?
Ich war schockiert, weil ich nicht damit gerechnet habe. Nur einen Tag zuvor hat er noch den traditionellen Ostersegen „Urbi et Orbi“ gespendet und am Gründonnerstag war er noch im Gefängnis, wo er zwar nicht mehr selber die Füße der Gefangenen gewaschen hat, aber er wollte unbedingt dabei sein. Ich habe nicht gedacht, dass es so schnell gehen wird. Es hat mich sehr getroffen.
Sie wurden 2022 von Papst Franziskus als einer von 15 neuen Beratern beim Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung ernannt. Wie haben Sie den Papst erlebt?
Ich habe Papst Franziskus als jemanden erlebt, der den Menschen sehr zugewandt war. Das hat mich fasziniert. Ich habe ihn meistens bei Veranstaltungen – auch gemeinsam mit Studierenden – erlebt. In den vergangenen fünf Jahren, in denen ich in Rom war, war er natürlich aufgrund seines Alters manchmal sehr müde, aber sobald jemand persönlich auf ihn zugegangen ist, um ihn zu begrüßen, hat er zu strahlen begonnen. Was mich in diesem Zusammenhang fasziniert hat, war, dass er keinen Unterschied gemacht hat, ob er nun mit Bischöfen und Kardinälen, mit PolitikerInnen, Obdachlosen, Menschen mit Behinderung oder Kindern geredet hat. Und er hatte eine große Präsenz. Ich glaube, das spiegelt auch wider, was ein Schwerpunkt seines Pontifikats war: die Barmherzigkeit. Die Barmherzigkeit Gottes wollte er erfahrbar machen, indem er auf die Menschen – insbesondere auch auf die Frauen – zugegangen ist und mit ihnen wirklich Kontakt aufgenommen hat.

„Er brachte auch die Armen und jene, die am Rand stehen, ins Gedächtnis.“
Was wird Ihnen besonders in Erinnerung bleiben? Was war Ihre letzte Begegnung?
Besonders in Erinnerung bleiben wird mir, wie sich Papst Franziskus am Anfang vorgestellt hat: „Ich bin José Bergoglio, der Erzbischof von Buenos Aires.“ Und dann hat er hinzugefügt: „Ich bin ein Sünder.“ Damit meinte er: Ich bin ein Mensch wie ihr. Dass ein Papst vor dem Beichtstuhl niederkniet und selber zur Beichte geht, wurde vorher glaube ich noch nie so gezeigt. Meine letzte Begegnung mit dem Papst war an der Universität Gregoriana im vergangenen Herbst, wo ich gemeinsam mit anderen Rektoren in der zweiten Reihe saß. Es hat mich fasziniert, wie interessiert er an den StudentInnen war. Er hatte ein großes Interesse, gerade für junge Leute und ihre Zukunft. Er hat sich bis zum Schluss nicht geschont, er wollte einfach alles geben.
Werden Sie am Samstag an der Beisetzung teilnehmen?
Nein, aber ich werde sie natürlich im Fernsehen verfolgen.
Was wünschen Sie sich für die Nachfolge?
Als Lateinamerikaner waren Papst Franziskus Schwerpunkte, in die Mission hinauszugehen und die Kirche von der Basis her, also auch von den Rändern her zu sehen. Ein neuer Papst wird seine eigenen Schwerpunkte haben. Papst Franziskus wollte nicht gefeiert werden, er hat immer wieder auf Gott verwiesen und auch ein neuer Papst wird daran zu messen sein, wie weit es ihm gelingen wird, in der heutigen pluralistischen, polarisierten Zeit Gott ins Zentrum zu stellen und die Kirche als Ort der Einheit zu stärken. Natürlich muss sich auch jeder Papst dem Frieden verpflichtet fühlen. Ich habe in den vergangenen fünf Jahren auch die „Urbi et Orbi“-Botschaften im ORF begleitet und kommentiert und habe erlebt, dass Papst Franziskus unter den vielen Kriegsherden sehr gelitten hat. Jetzt kann man sich fragen, was hilft es, wenn der Papst über Myanmar oder den Sudan spricht? Eine Ordensschwester aus Myanmar hat mir unlängst gesagt: „Es war einfach schön zu hören, er vergisst uns nicht, er denkt an uns.“ Er brachte auch die Armen und jene, die am Rand stehen, ins Gedächtnis. Ich glaube, auch der neue Papst muss eine mahnende Stimme für den Frieden sein.