Profitrompeterin Elisabeth Fessler erkämpfte sich ihren Platz in einer männerdominierten Branche. Heute verkörpert sie nicht nur musikalische Exzellenz, sondern auch den längst überfälligen Wandel in der klassischen Musikszene.
Sie schreibt im wahrsten Sinne des Wortes Zukunftsmusik. Dabei war ihre musikalische Laufbahn alles andere als geplant. Eigentlich wollte Trompeterin Elisabeth Fessler (35) Lehrerin werden. In der ländlichen Umgebung, in der sie aufwuchs, war es schon ungewöhnlich genug, überhaupt Musik zu studieren. Doch während ihres Studiums eröffnete sich ihr dann eine neue Perspektive, auch wenn es kaum Möglichkeiten gibt, hauptberuflich als Trompeterin Fuß zu fassen. Die Konkurrenz ist groß. „Übers Jahr verteilt finden in etwa vier Ausschreibungen statt, auf die sich im Schnitt 100 andere bewerben“, beschreibt sie die Realität der Branche. „Da es aber nie mein Plan A war, war der Druck, den ich mir selbst gemacht habe, vielleicht nicht ganz so überwältigend wie bei vielen Kolleginnen und Kollegen. Vielleicht hat mir genau das am Ende geholfen.“
An der Trompete liebt Fessler vor allem dessen Direktheit: „Es ist ein Instrument, das sich nicht versteckt. Die Passagen, die man spielt, sind bedeutsam.“ Mit ihren drei Ventilen ist sie außerdem sehr kompakt und überschaubar, im Gegensatz etwa zur Komplexität der Klarinette. Diese Einfachheit, so die Musikerin, schenkt ihr eine Leichtigkeit, die es ihr ermöglicht, ihre Emotionen direkt und kraftvoll auszudrücken.
Trompetenklang und Tatendrang
Diese Klarheit und Stärke spiegelt sich auch in Fesslers Auftreten in der Musikbranche wider. In einem Umfeld, das oft von männlichen Kollegen dominiert ist, hat Elisabeth Fessler den Mut gefunden, sich zu behaupten. Sie spricht offen über die Herausforderungen, die mit dieser Dynamik einhergehen: „Es bessert sich langsam, aber der Profibereich bleibt männerdominiert. Als Frau hat man oft das Gefühl, sich besonders beweisen zu müssen.“ Trotz dieser Herausforderungen – oder gerade deshalb – sieht sie sich nicht nur als Musikerin, sondern auch als Botschafterin für Frauen in der klassischen Musik. Fessler ist überzeugt, dass Sichtbarkeit und Unterstützung entscheidend sind, um den nächsten Generationen von Musikerinnen den Zugang zur klassischen Musik zu erleichtern.
Brücken bauen, Türen öffnen
Seit zehn Jahren ist sie Teil des renommierten Blechbläser-Ensembles Harmonic Brass, wo sie nicht nur ihr musikalisches Können unter Beweis stellt, sondern auch aktiv an der Programmgestaltung mitwirkt. Ihre Leidenschaft für die Musik und ihr Engagement für die Gleichstellung der Geschlechter im Musikbereich fließen in jedes Projekt ein. „Ich möchte zeigen, dass wir Frauen in der klassischen Musik nicht nur dazugehören, sondern auch herausragende Leistungen erbringen können“, betont sie.
Fesslers Vision geht über die eigene Karriere hinaus. Sie ist sich der Verantwortung bewusst, die sie als Vorbild trägt, und nutzt jede Gelegenheit, um junge Musikerinnen zu inspirieren. Sei es durch Workshops, in denen sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen weitergibt, oder durch persönliche Gespräche mit aufstrebenden Talenten – ihr Ziel ist es, ein Netzwerk zu schaffen, in dem Frauen sich gegenseitig unterstützen und ermutigen. „Es ist wichtig, dass wir einander helfen und unsere Erfahrungen teilen. Gemeinsam können wir Barrieren überwinden und die Musikszene diverser gestalten“, so Fessler.
Im Rhythmus des Lebens
Ihre Hingabe zur Musik gleicht der von SpitzensportlerInnen. Tägliches intensives Training, von Atemtechniken bis zu Lippenübungen, gehört zu ihrer Routine – selbst im Urlaub. „Die Trompete ist ein Instrument, das viel von einem verlangt. Man muss ständig an seiner Technik arbeiten, um den gewünschten Klang zu erzielen und seine Musikalität weiterzuentwickeln“, erklärt die 35-Jährige, die mehrmals pro Woche joggt und Tennis spielt, um körperlich fit zu bleiben.
Auch immer wieder Abstriche zu machen, gehört zu ihrem Alltag: „Oft ist man an Wochenenden unterwegs und an Abenden beruflich eingespannt, wo die meisten anderen frei haben.“ Halt findet Fessler vor allem in ihrer langjährigen Beziehung: „Wir kennen uns seit Schulzeiten, mein Partner hat meinen Weg mitverfolgt – und mich immer unterstützt. Er versteht die Anforderungen meines Berufs.“ Mit den Jahren hat sie gelernt, auch mit den schwierigeren Facetten ihres Jobs gelassen umzugehen: „Ich habe gelernt, flexibel zu sein und Kleinigkeiten wie ein gemeinsames Mittagessen anders zu schätzen.“ Man merkt: Elisabeth Fessler hat ihren Platz in der Musikszene gefunden, nicht nur als talentierte Trompeterin, sondern auch als starke Stimme für Gleichberechtigung.