Wie Schlagzeilen wirken, wie sich PolitikerInnen auf Headlines „draufwerfen“ und wie Polarisierung beziehungsweise Emotionalisierung wirken.
Kluge Antworten auf Denkmuster in Schwarz-Weiß
Im Mai 2023 titelt die Bildzeitung „Nur noch eine Wurst pro Monat für jeden!“ Die Stimmung kocht hoch, Würstchen würden bei dieser Temperatur platzen. Auch PolitikerInnen greifen die „Bild“-Schlagzeile auf. Dabei gibt es bloß eine Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, den Fleischkonsum einzuschränken. Keine Rede von einem Verbot! Markus Söder tönte daraufhin: Warum soll alles verboten werden? Man kann sich all die folgenden Reaktionen vorstellen und niemand kann sie so klar enttarnen wie Ingrid Brodnig: Da sitzt jedes Wort.
„Allgemein können – und sollten – wir immer fragen: Welche Infos werden in einem Text eher vergraben oder gut kaschiert? Wir wissen nämlich, dass viele Menschen Artikel im Internet nicht so genau lesen, ja, dass manche sogar Artikel mit anderen teilen, ohne sie selbst aufgerufen zu haben.“
In sieben Kapiteln zeigt die Expertin, was wie gegen Spaltung hilft, wie man beharrlich für die Demokratie eintreten kann, was „kalkulierte Wut und emotionale Achtsamkeit“ bedeuten. Der Text liest sich gut, Wissen ist mit eigenen Erfahrungen beziehungsweise Reaktionen verbunden. Was sehr schön ist, ist die positive Grundstimmung des Buches, also auch der Autorin.
„Es besteht Grund zur Hoffnung. So gibt es verschiedene Rezepte, um als Gesellschaft sowie als Einzelne auf rhetorische Eskalations- und Ablenkungstaktiken zu antworten und die Verrohung in der Diskussionskultur ein Stück weit zurückzufahren.“
Doch hier ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Vielmehr werden klare Abgrenzung gefordert und auch Empfehlungen ausgesprochen. Brodnig zitiert auch den Fall von HC Strache, der dem ORF-Moderator Armin Wolf vorwarf, zu lügen. Da ist Schluss mit lustig, da nützte Strache auch der Smiley nichts. Wolf klagte, die 10.000 Euro Entschädigung, die ihm zugesprochen wurden, überwies er an das DÖW, das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (Seite 110 ff.). Wie es gelingt, gemeinsam Resilienz zu fördern, weiß Ingrid Brodnig, die sich seit über zehn Jahren mit Hasskommentaren beschäftigt, und regt an, den Hinweis oder Rat, sich doch eine dickere Haut zuzulegen, genauer zu hinterfragen. Er passt nicht für alle Menschen, geht es doch dabei um sehr persönliche Erniedrigung.
Was Sie versäumen, wenn Sie dieses Sachbuch nicht durcharbeiten:
Informationen, Aufklärung, Wiedererkennen all jener Strategien, denen auch Sie bereits auf den Leim gegangen sind, Freude daran, Schlagzeilen nach Manipulationen zu durchsuchen und Strategien kennenzulernen, mit denen Sie Muster der gesteuerten Eskalation aufdecken/enttarnen können.
Ingrid Brodnig:
ist Journalistin, unter anderem beim Nachrichtenmagazin „profil“ und bei der Wochenzeitung „Falter“, Buchautorin und Kolumnistin. Ihr Arbeitsschwerpunkt sind „digitale Themen“, verstärkt auch in Bezug auf „Hass im Netz“. Sie wurde von der Zeitschrift „Der Österreichische Journalist“ zur Medienjournalistin des Jahres 2021 und zur Kolumnistin des Jahres 2023 gekürt.
Ingrid Brodnig:
Wider die Verrohung.
Über die gezielte Zerstörung öffentlicher Debatten.
Strategien & Tipps, um auf Emotionalisierung und Fake News besser antworten zu können.
Wien: Brandstätter Verlag 2024.
Christina Repolust
Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
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