Die Geschichte ist flott erzählt: flott im Sinne von witzig, sprachwitzig und ironisch, detailreich und unterhaltsam.
Delia, der Lottogewinn und das Leben an sich
Delia, die Hauptperson, ist gut darin, sehr gut durchs Leben zu kommen, und ist auch bereit, sich verwöhnen zu lassen. Dann gewinnt sie doch tatsächlich im Lotto, ihre Haushaltshilfe verspricht, zu schweigen, und Delias Leben ändert sich noch ganz knapp vor ihrem 40. Geburtstag. Die JournalistInnen kommen und wollen die Lottogewinnerin – 350.000 Mark sind nicht nichts – befragen und fotografieren, aber sie verstehen auch, dass Delia zurückhaltend bleibt, schließlich will niemand Bettelbriefe öffnen müssen.
„Kam sie denn, seit sie reich geworden war, aus den Trübseligkeiten nicht mehr heraus? Es liegt an mir selber, gestand sich Delia, ich bin nicht froh, nicht selig, nicht glücklich, aber ich sollte es doch sein! Nun ja, sie brauchte Kontakt mit Menschen, das war es.“
Delia kennt sich mit den Finessen des Ausgehaltenwerdens aus, jetzt aber sind die Rollen vertauscht: Sie ist es jetzt, die nur zu genau erkennt, wer sich ihre Gunst erschleimen will, weil sie nun als wohlhabend gilt. Gemeinsam mit ihrer Freundin Luise fährt sie nach Frankreich: Das Auto wird ebenfalls vom Lottogewinn gekauft, es hat so seine Macken und Tücken, verschafft aber andererseits auch kurzweilige Begegnungen.
Der Roman liest sich leicht, man genießt die Dialoge, die Frechheiten unter den Freundinnen sowie deren Eigenständigkeit: Hier sind zwei kluge Frauen auf Reisen, schon bereit, sich ein wenig zu verlieben, aber nie bereit, ihre Freiheit aufzugeben.
Was Sie versäumen, wenn Sie diesen kurzweiligen Roman nicht lesen:
Sommer, Leichtigkeit, Ernsthaftigkeit in der spielerischen Lebensbewältigung, 60er-Jahre-Feeling.
Juliane Kay:
1903 in Wien geboren und 1968 dort verstorben, schrieb seit 1923, zu Beginn Bühnenstücke, später Drehbücher, und war als Co-Autorin an vielen erfolgreichen Filmen beteiligt.
Juliane Kay:
Madame geht auf Reisen.
Wien: Milena Verlag 2024.
Christina Repolust
Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
www.sprachbilder.at