Mila mischt nicht nur den Kindergarten auf, sondern ist auch an der Neugestaltung des Spielplatzes wesentlich beteiligt.
Diversität ohne Belehrung
Menschen mit Behinderungen werden jetzt Menschen mit besonderen Bedürfnissen genannt, und irgendwie hört sich das alles doch sehr unsicher und verklemmt an. Da rollt plötzlich Mila daher, mitten rein in die Garderobe des Kindergartens. Und ja, sie rollt im Rollstuhl. Da kann sie auch gleich dem kleinen Buben helfen, der einfach nicht an sein Kuscheltier Benno rankommt, das ganz oben im Mützenfach liegt. Zack! Schon hat Mila ihren Greifarm aus dem Rucksack geholt, zielt auf Benno, lässt den Greifer zuschnappen und überreicht dem Jungen seinen kleinen Stoffelefanten. Milas Frage, welches Tier sie denn bei ihrem Garderobenplatz habe, beantwortet ihr die Erzieherin Karin: „Du hast das mit dem Hund. Dein Papa hat uns verraten, dass das dein Lieblingstier ist.“
Auch im Morgenkreis findet Mila ihren Platz, schließlich hat sie ja ihren eigenen Stuhl mit dabei, und in Lour, dem schwarzhaarigen Mädchen, das sie gleich angelacht hat, findet sie eine Freundin. „Mein liebster, liebster Platz ist leer“, wird ab jetzt auch im Stehen gespielt, denn so kann Mila leichter mitspielen. Eine weitere beeindruckende Szene spielt sich am Eisstand im Zoo ab, wo die durchaus freundliche Verkäuferin die Erzieherin fragt: „Welche Sorte Eis bekommt sie?“ Mila antwortet: „Ich kann das selbst sagen.“ Die Verkäuferin entschuldigt sich und wird auch ein bisschen rot dabei. Aber in diesem Buch darf man eben ständig etwas dazulernen, Fehler machen und es dann einfach besser machen. Mila ist also das Mädchen, dessen Lieblingstier ein Hund ist und dessen Lieblingseis Schokolade ist.
Das Rolli-Rennen auf dem neu und endlich barrierefrei gestalteten Kinderspielplatz ist das Tüpfelchen auf dem I wie Integration.
Was Sie versäumen, wenn Sie dieses Bilderbuch nicht lesen beziehungsweise vorlesen:
ein wunderbares Mädchen namens Mila, das sehr vieles ist und macht und – unter anderem – sich mit dem Rollstuhl fortbewegt. Und genau diese Perspektive auf die Persönlichkeit ist das Besondere an diesem Buch: Hier wird nicht gesüßelt, kein Wort über „an den Rollstuhl gefesselt“ verloren, sondern Klartext geschrieben. Ein Buch, von dem viele Menschen sehr viel lernen könnten, einfach durchs Lesen.
Lily Baron/Kristina Vogel:
Hier kommt Mila!
München: Knesebeck 2024.
Christina Repolust
Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
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