Dieser Roman nimmt nichts so wirklich ernst, dabei geht es um ernste Themen: Hier spielt die Autorin mit ihren zwei Protagonistinnen gegen die Etablierten, die Lässigen, die die beiden jungen Frauen doch etwas herablassend beziehungsweise lüstern betrachten.
Porträtsitzen für Happy-Hour-Austern
Gala und Isa, beide sind 21 Jahre alt, suchen in New York das Abenteuer, Glitzer und Glimmer. Ja, das Geld geht ihnen bald aus, aber auch das gehört dazu, dann hat man wirklich etwas zu erzählen. Und ja, sie verkaufen bei ihrem Flohmarktstand und setzen das Geld dann in Drinks um. Außer sie werden eingeladen, dafür hören sie sich dann auch Sinnloses an.
Allein schon die Schilderung der Ankunft ist bizarr, haben doch die Mitbewohner das Anreisedatum vergessen. Also auf zur Party und weiter geht es, von Club zu Club, von Party zu Party. Die Jobs, die die beiden ergattern, sind Quelle vieler Anekdoten, die sich bei den Gratis-Drinks gut erzählen lassen.
„Wir haben jetzt einen Job als Saalzuschauerinnen beim Fernsehen, eine ganze Woche lang. Wir sind für alle Shows angemeldet, die zurzeit produziert werden. … Schon am ersten Tag hatte ich mir die Hände wundgeklatscht. Danach entschied ich mich, sie nur noch ganz leicht in schneller Abfolge zusammenzupatschen.“
Doch auch dieses „Wir“ spaltet sich auf. Isa sitzt für ein Porträt stundenlang still, aber für Happy-Hour-Austern reicht das Honorar. Wochen später noch wird sie auf das Kunstwerk angesprochen: Täglich, stündlich wird sie begafft, beglotzt! Dass die beiden ihre Wäsche im Waschsalon waschen, den sie „Sauna für Arme“ nennen und dass ihnen selbst die Münzen für den Trockner fehlen, zeigt, wie fröhlich die beiden ihre Tage in New York meistern und den wichtigen Dingen – und das ist nicht das Wäschewaschen – größere Vorbereitungen gönnen. Ein beschwingter Roman, der aber auch davon erzählt, dass es Isa nicht immer gut geht, dass es dieses Aufwachen im Düsteren, im Dunklen gibt, vieles, vor dem sie Angst hat. Das macht die Geschichte noch viel lesenswerter und auch liebenswerter.
Was Sie versäumen, wenn Sie diesen Roman nicht lesen:
Unbeschwertheit, Leichtsinn, Aberwitz, Mut, New York, Jugend.
Marlowe Granados:
ist Filmemacherin, Schriftstellerin und bildende Künstlerin. Dieser Roman ist ihr Debüt als Schriftstellerin, viele ihrer Texte sind in diversen Zeitungen beziehungsweise Zeitschriften erschienen.
Marlowe Granados:
Happy Hour.
Aus dem Englischen von Stefanie Ochel.
München: Hanser Verlag 2024.
Christina Repolust
Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
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