Der erfolgreiche Tourismus- und Landwirtschaftsminister Max Langwieser – ein netter Bursche, freundlich, Slim-Fit-Anzugträger und Duzfreund des österreichischen Bubenkanzlers – ist tot. Ein Fall für Kommissarin Alma Oberkofler.
Wahre Freundschaft und andere Lügen
Dieser geniale Kriminalroman der ebenfalls genialen Buchhändlerin und Autorin Petra Hartlieb nimmt die falschen, gefakten Beziehungen in den Fokus. Das Spiel läuft – sehr gut sogar. Da ist zum einen der erfolgreiche Tourismus- und Landwirtschaftsminister Max Langwieser – ein netter Bursche, freundlich, Slim-Fit-Anzugträger, Duzfreund des österreichischen Bubenkanzlers und Lieblingsschwiegersohn vom Burgenland bis nach Vorarlberg. Max kommt aus dem Burgenland, hat dort bereits für die Partei – suchen Sie sich deren Farbe aus, das Cover des Kriminalromans ist übrigens, falls Sie einen Joker brauchen, türkis – gekonnt Wahlwerbung gemacht, war im Burgenländischen Landtag und dann – Sprung nach Wien – im Ministerium.
Jetzt ist er leider tot, ganz echt tot. Und da kommt eine ganz echte Kommissarin ins Spiel. Alma Oberkofler ist ehrlich, direkt und nicht käuflich. Hartlieb lässt ihre LeserInnen gleich zu Romanbeginn die junge Alma Oberkofler kennenlernen: Ein junges Mädchen weint um die vermisste Schwester, erkennt, dass die Eltern nicht über deren Verschwinden reden wollen, und bewundert die Kommissarin, die die Ermittlungen leitet. Das Schweigen zuhause verstärkt sich, Alma entscheidet sich dafür, in den Polizeidienst zu gehen. Ein ungelöster Kriminalfall in der eigenen Familie, dubiose Befragungen und die ersten Andeutungen, dass da einiges verschwiegen wurde, machen neugierig auf weitere Ermittlungen Oberkoflers. Aber zuerst zurück an den Tatort, die schicke Wohnung des Ministers mitsamt Glastisch, Blutlache und Leiche. Wo aber ist Langwiesers Verlobte geblieben? Ist sie die Täterin oder wurde sie entführt? Wie viel weiß sie als Jugendfreundin des Ministers? Wie war die Beziehung und warum gibt es getrennte Schlafzimmer für ein frisch verlobtes Paar?
„Was war das nur für eine Wahnsinnsgeschichte, auf so etwas wurde man in der Ausbildung nicht vorbereitet. Sie war doch die Polizei und die war Teil des Staates, sie beschützte die Guten und verfolgte die Bösen. Und plötzlich war der Staat böse oder zumindest Teile davon. Keiner hatte ihr gesagt, was in so einem Fall zu tun wäre.“
Die Verlobte Jessica kommt immer wieder direkt zu Wort, ist auf der Flucht, genießt es aber gleichzeitig, so manche Fassade hinter sich zu lassen. Wie müde sie ist, wie wenig sie und Max in letzter Zeit miteinander geredet haben, wie schön Tirol ist. Im Bezirkskrankenhaus Lienz liegt ein Mensch im Koma, AktivistInnen leben gefährlich und wer den Laptop des toten Ministers mit sich trägt, wohl auch. Zwei junge Frauen, Jessica, die Angepasste und nun Aufmüpfige, Alma, die Rebellin und Widerständige, arbeiten gemeinsam gegen die Freunderlpartie, dazwischen fließen Hektoliter an Kaffee, mancher Kaffeehausplausch ist „off the record“ und manch hoher Beamter fühlt sich doch stark der Wahrheit verpflichtet, worauf er schnell suspendiert wird.
Was Sie versäumen, wenn Sie diesen Krimi nicht lesen:
Spannung, Rückblicke auf die Geschehnisse in einer Republik, deren Namen ich hier nicht nenne, wobei doch alles so fiktiv ist, die Freude darüber, dass manchmal auch die Guten gewinnen, gute Unterhaltung und Spannung, interessante Charaktere, die in ihrer Vielschichtigkeit gezeichnet werden.
Petra Hartlieb:
1967 in München geboren, in Oberösterreich aufgewachsen, arbeitete nach ihrem Studium als Pressereferentin und Literaturkritikerin in Wien und Hamburg. 2004 übernahm sie eine Traditionsbuchhandlung in der Währingerstraße in Wien, worüber sie 2014 ihr erstes Buch „Meine wundervolle Buchhandlung“ schrieb. Es folgten „Weihnachten in der wundervollen Buchhandlung“ (2020) sowie Kinderbücher und Romane.
Petra Hartlieb:
Freunderlwirtschaft.
Köln: Dumont 2024.
Christina Repolust
Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
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