Österreich möchte kein Einwanderungsland sein, verhält sich auch so und hat dennoch so wunderbare Menschen wie „Toxische Pommes“.
Was Liebe ist und was ein Teller voll frisch geschnittenem Obst damit zu tun hat
Wer meint, Rassismus und Ausländerhass seien neue Phänomene, sollte sich alte Kabarettprogramme oder Ausstellungen über Zuwanderung in Österreich ansehen. Das vorliegende Buch packt das Thema einfach an: direkt, unverstellt und mit klarer Benennung der Vorgänge, der Zustände, der Ideen und der Verhinderungen. Nein, nicht die ZuwanderInnen verhinderten hier, sondern die Republik und die in ihrem Namen Tätigen. Aber machen wir es der Reihe nach.
Teil 1 „Putzen und Warten“: Wir überspringen die Einleitung und das Bettenbauprojekt, das So-tun-als-ob-man-Arbeitete und so weiter. Hier geht Mutter mit Kind und Kinderwagen zum Hafen, der Kinderwagen ist ein Geschenk der Taufpaten aus Triest. Zwischen den Stunden am Hafen und den Drohungen des Nachbarn Ante, der alle(s) umbringen will, wer/was nicht kroatisch ist, beginnen die Eltern zu überlegen, ob sie in den Kosovo, in die USA oder nach Österreich ziehen wollen, müssen. Mit Ante ist die gute Nachbarschaft vorbei, kam er doch früher immer zum Telefonieren zur Familie.
„Freunde und Nachbarn waren zu Ethnien und Religionen geworden.“
Die Familie entscheidet sich für Österreich, erwartet sich von einer Stadt namens „Wiener Neustadt“ einfach zu viel und geht mit Familie Hell einen Deal ein.
„Meine Mutter putzt, kocht und passt auf die Kinder auf, während sich mein Vater um den Garten und allfällige Reparaturen kümmert. Im Gegenzug durften wir in das alte Haus von Renates Mutter einziehen und dort mietfrei wohnen.“
Die Eltern halten die Vereinbarung ein, Renate agiert besitzergreifend, der Vater findet keine Stelle, die Mutter lernt Deutsch, das Kind wird zur Vorzeigemusterschülerin: So geht also Integration, Mama raucht und kichert mit Renate und Vater schweigt. Die Akademikerin und der Akademiker agieren als Putzfrau und Hausmeister, werden für ihre Sauberkeit gelobt und freuen sich, als sie Renate und Familie hinter sich haben.
„Mein Vater wurde zu einem großen Bruder für mich. Er war nicht nur mein bester Freund und Spielgefährte, ich wusste auch, dass er mich vor allem beschützen würde ...“
Mutter und Tochter spielen nach den Regeln, der Vater putzt die Wohnung, die Werte- und Orientierungsfragen ließen sich bei der Deutschprüfung beantworten: Dann kommt noch die Verleihung der Staatsbürgerschaft unter Landeshauptmann Erwin Pröll, man geht hin, in den von Renate Hell ausgemisteten Klamotten, ordentlich und fein herausgeputzt.
„Was hat uns Österreich gekostet? Meinen Vater seine Stimme, meine Mutter ihre Lebendigkeit. Und mich? Meinen Vater.“
Ein Muss-Buch für einfach alle: Deutsch-als-Zweitsprache-Lehrende, alle, überall, immer, wichtiger als der Duden, in dem die Regeln der Zielsprache stehen.
Was Sie versäumen, wenn Sie diesen ehrlich-brutalen-ironischen Roman nicht lesen:
Ehrlichkeit, Klarheit, Wahrheit, alle Statistiken über Zuwanderung in Romanform, eine wunderbare Liebesgeschichte zu den Eltern zwischen Ver- und Entwurzelung.
Irina alias Toxische Pommes:
ist Juristin, arbeitet in Wien und ist als Kabarettistin sowie auf TikTok und Instagram prominent/erfolgreich.
Toxische Pommes:
Ein schönes Ausländerkind.
Wien: Zsolnay 2024.
Christina Repolust
Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
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