Dass Jesus ein „richtiger Mann“ sei, behaupten die einen. Eher ein Softie mit wallendem Haar, sagen die anderen. Wie würden die biblischen Überlieferungen klingen, wenn er heute lebte?
Was das für ein Mensch ist, fragst du. Der würde dir erst mal vielleicht gar nicht auff allen. Manchmal sehe ich ihn im Viertel. Einen festen Wohnsitz hat er nicht, aber Freundinnen hat er viele – und Freunde auch. Ist nicht verheiratet. Manche sagen, er sei mit Maria zusammen. Wie fest das ist, weiß aber keiner so genau. Ich weiß ja nicht mal, ob er sich eher zu Frauen oder zu Männern hingezogen fühlt. Nur dass er viel liebt.
Überhaupt zeigt er seine Gefühle. Er weint in der Öffentlichkeit und schämt sich nicht dafür. Er kann auch wütend werden. Einmal hat er Tische und Bänke umgeworfen, weil ihn das ganze Ding mit dem Kapitalismus so aufregte. Überall Geld und Profit, als sei’s das Wichtigste auf der Welt. Er selber besitzt nichts. Hat nicht studiert – keine Ahnung, wovon er lebt. Lässt sich einladen, und wenn er doch mal was hat, dann teilt er. Statussymbole bedeuten ihm nichts. Wer wirklich zu ihm gehören will, muss zurücklassen, was er hat. Egal, ob Erbe oder Bankkonto. Da ist er radikal. Kinder hat er keine. Er scheint kein Bedürfnis zu haben, sich fortzupflanzen. Obwohl er mit Kindern wirklich gut kann. Er nimmt sie ernst. Wenn seine Kumpel sie wegscheuchen, weil „das hier für Erwachsene ist“, dann holt er sie in die Mitte. Macht sie groß. Das berührt mich.
Der Glaube an Wunder
Aber er hat auch Schwächen. Dass er ein Weinsäufer sei, wird ihm nachgesagt. Er hat Vorurteile, lässt sich aber von Argumenten überzeugen. Manchmal ist er ein bisschen ein Besserwisser. So einer, der dauernd was auf Insta postet, aber nicht sein Hafermüsli, sondern Statements zum Weltfrieden. Immer die ganz großen Sachen. Darunter macht er es kaum. Auch Selfies gibt es, von sich selbst redet er öfter. Ist für meinen Geschmack etwas zu sehr von sich eingenommen: Ich bin, ich bin, ich bin. Das klingt jetzt alles so mittel, aber dann hat er eben auch so eine andere Seite, und die wirft dich um. Nein, die richtet dich auf.
Mit seinem Blick und weil er echt an Wunder glaubt. Und an dich. Der glaubt an dich. Wenn er dich so anschaut, würdest du überall mit ihm hingehen. Garantiert. Ich glaube, die meisten, die zu ihm gehören, sind ein bisschen verliebt in ihn. Ich bin es auch. Ach ja, er ist ein Mann. Das auch. Aber spielt das eine Rolle?