Über Adipositas zu sprechen, ist heikel. Vor allem, wenn das eigene Kind oder ein Familienmitglied betroffen ist. Die Klinische Psychologin Simone Parzer erklärt, worauf es im Gespräch zu achten gilt.
Gesunde Rahmenbedingungen für Kinder
- Vor allem um präventiv zu arbeiten, sollte man Kindern von Anfang an ein gesundes Essverhalten vorleben und gemeinsam als Familie gute Rahmenbedingungen schaffen, rät die Psychologin Simone Parzer. Dazu gehöre zum Beispiel das gemeinsame Essen. „Ich halte nichts von dem Trend, Kinder allein im Zimmer essen zu lassen.“
- Bei einem bereits übergewichtigen Kind rät die Expertin, das Gespräch nicht direkt auf das Gewicht zu lenken, sondern die Lebenssituation des Kindes anzusprechen: Ist es glücklich oder gibt es Veränderungswünsche? In einem weiteren Schritt können dann vor allem positive Anreize geschaffen werden: Was hat das Kind zum Beispiel davon, wenn es sich mehr bewegt?
- Was unbedingt vermieden werden sollte, sind Vergleiche, ist sich Parzer sicher. Sätze wie „Warum bist du nicht so wie deine Freundin oder die Nachbarskinder?“ gelten nicht nur als verletzend, sondern vor allem als kontraproduktiv.
Herausforderung: Ansprechen von Erwachsenen
- Handelt es sich nicht um ein Kind, sondern um ein erwachsenes Familienmitglied, ist es oft noch schwieriger, den Verdacht auf Adipositas anzusprechen, „weil sich die Person oft zurückzieht“. Parzer stellt klar: Bei Erwachsenen kann eine Veränderung nur stattfinden, „wenn die Person selbst dazu bereit ist und erkennt, dass sie etwas tun muss“.
- Der Moment dieser Einsicht sei auch das einzige Zeitfenster, in dem Betroffene zuhören und für Veränderungsvorschläge empfänglich sind, so die Expertin. Vorher sei vor allem mit einer blockierenden oder bagatellisierenden Reaktion zu rechnen.
- Dieses Zeitfenster gebe es Parzers Erfahrung nach bei allen Betroffenen. Was Angehörige laut Parzer bis dahin tun können, ist, auf die Situation aufmerksam zu machen. Dabei sei aber eine wertschätzende Haltung notwendig: „Druck erzeugt nur Gegendruck, der dazu führt, dass sich der Betroffene wieder verschließt.“ Oft helfe es, dem/der Betroffenen stattdessen zu schildern, wie man sich selbst fühlt, und dies zu argumentieren. „Zum Beispiel indem man sagt: Ich fühle mich hilflos, weil ich merke, dass du leidest und dich zurückziehst.“

Simone Parzer ist als Klinische und Gesundheitspsychologin mit Schwerpunkt Adipositas in Linz tätig.